Vorliegende ICD-10 Diagnosen nach Substanzklassen (F10 – F19) Erläuterungen zur Diagnosestellung: Die Erfassung sowohl der substanzbezogenen als auch anderer Diagnosen im KDS-F erfolgt nach den Richtlinien des ICD-10 und bezieht sich auf die Situation bei Betreuungs-/Behandlungs-beginn. Auch wenn nicht sofort bei Aufnahme eine endgültige Diagnose gestellt werden kann, sollten die Einträge immer den Stand zu Beginn der Betreuung / Behandlung widerspiegeln.
Hinweise zur Vergabe der ICD-10-Diagnose (Stelle 4 + Stelle 5) aus dem Kapitel F1: Unter 2.4.5.X.1 und 2.4.5.X.2 werden gemäß der jeweils aktuellsten Version des ICD - während der aktuellen Überarbeitung des KDS war die ICD-10 (Dilling et al., 2005) verbindlich - „Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ (F10-F19) erfasst. Die Stellen 1 bis 3 sind vorgegeben, z.B. F10 für eine Alkoholstörung, es sind die Stellen 4 und 5 bei den zutreffenden Substanzen zu kodieren. Sie kennzeichnen das klinische Erscheinungsbild der jeweiligen Störung. Die Stellen 1 bis 3 sind folgendermaßen zu kodieren: F10.- Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol F11.- Psychische und Verhaltensstörungen durch Opioide F12.- Psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide F13.- Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa oder Hypnotika F14.- Psychische und Verhaltensstörungen durch Kokain F15.- Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien, einschließlich Koffein F16.- Psychische und Verhaltensstörungen durch Halluzinogene F17.- Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak F18.- Psychische und Verhaltensstörungen durch flüchtige Lösungsmittel F19.- Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen
Die wichtigsten Kodierungen der Stelle 4 sind x.1=schädlicher Gebrauch und x.2=Abhängigkeitssyndrom. Weitere Kodierungen der Stelle 4 sind der aktuellen Version des ICD-10 zu entnehmen (Dilling et al., 2005). Im Rahmen der DSHS werden für die 4. Stelle im KDS-F jedoch nur die beiden Kodierungen 1 und 2 für schädlichen Gebrauch und Abhängigkeitssyndrom erhoben. F1x.1 Schädlicher Gebrauch (gemäß ICD-10 , Dilling et al., 2005) Konsum psychotroper Substanzen, der zu Gesundheitsschädigung führt. Diese kann als körperliche Störung auftreten, etwa in Form einer Hepatitis nach Selbstinjektion der Substanz oder als psychische Störung z.B. als depressive Episode durch massiven Alkoholkonsum. Die Begriffe „Schädlicher Gebrauch“ und „Missbrauch psychotroper Substanzen“ werden synonym verwendet. Da in der ICD-10 für die Diagnose „schädlicher Gebrauch“ kein Zeitbezug vorgegeben ist, wird für die Kodierung folgender Zeitrahmen zugrunde gelegt: Das Gebrauchsmuster besteht bereits seit mindestens vier Wochen oder trat in den letzten 12 Monaten wiederholt auf. |
Diagnostische Leitlinien schädlicher Gebrauch Die Diagnose erfordert eine tatsächliche Schädigung der psychischen oder physischen Gesundheit des/der Konsumenten/in. Schädliches Konsumverhalten wird häufig von anderen kritisiert und hat auch häufig unterschiedliche negative soziale Folgen. Die Ablehnung des Konsumverhaltens oder einer bestimmten Substanz von anderen Personen oder einer ganzen Gesellschaft ist kein Beweis für den schädlichen Gebrauch, ebenso wenig wie etwaige negative soziale Folgen, z.B. Inhaftierung oder Eheprobleme. Eine akute Intoxikation (...) oder ein „Kater" (hangover) beweisen allein noch nicht den „Gesundheitsschaden", der für die Diagnose schädlicher Gebrauch erforderlich ist. Schädlicher Gebrauch ist bei einem Abhängigkeitssyndrom (F1x.2), einer psychotischen Störung (F1x.5) oder bei anderen spezifischen alkohol- oder substanzbedingten Störungen nicht zu diagnostizieren. Ausschluss: schädlicher Gebrauch von nicht abhängigkeitserzeugenden Substanzen (F55).
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F1x.2 Abhängigkeitssyndrom Eine Gruppe von Verhaltens-, kognitiven und körperlichen Phänomenen, die sich nach wiederholtem Substanzgebrauch entwickeln. Typischerweise besteht ein starker Wunsch, die Substanz einzunehmen, Schwierigkeiten, den Konsum zu kontrollieren, und anhaltender Substanzgebrauch trotz schädlicher Folgen. Dem Substanzgebrauch wird Vorrang vor anderen Aktivitäten und Verpflichtungen gegeben. Es entwickelt sich eine Toleranzerhöhung und manchmal ein körperliches Entzugssyndrom.
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Diagnostische Leitlinien Abhängigkeit Die sichere Diagnose Abhängigkeit sollte nur gestellt werden, wenn irgendwann während des letzten Jahres drei oder mehr der folgenden Kriterien vorhanden waren:
1 Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren. 2 Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums. 3 Ein körperliches Entzugssyndrom (siehe F1x.3 und F1x.4) bei Beendigung oder Reduktion des Konsums, nachgewiesen durch die substanzspezifischen Entzugssymptome oder durch die Aufnahme der gleichen oder einer nahe verwandten Substanz, um Entzugssymptome zu mildern oder zu vermeiden. 4 Nachweis einer Toleranz. Um die ursprünglich durch niedrigere Dosen erreichten Wirkungen der psychotropen Substanz hervorzurufen, sind zunehmend höhere Dosen erforderlich (eindeutige Beispiele hierfür sind die Tagesdosen von Alkohol- und Opiatabhängigen, die bei Konsumenten/innen ohne Toleranzentwicklung zu einer schweren Beeinträchtigung oder sogar zum Tode führen würden). 5 Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums, erhöhter Zeitaufwand, um die Substanz zu beschaffen, zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen. 6 Anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen, wie z.B. Leberschädigung durch exzessives Trinken, depressive Verstimmungen infolge starken Substanzkonsums drogenbedingte Verschlechterung kognitiver Funktionen. Es sollte dabei festgestellt werden, dass der/die Konsument/in sich tatsächlich über Art und Ausmaß der schädlichen Folgen im Klaren war oder dass zumindest davon auszugehen ist.
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Diagnostische Merkmale für F1X.2: Anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen, wie z.B. Leberschädigung durch exzessives Trinken, depressive Verstimmungen infolge starken Substanzkonsums drogenbedingte Verschlechterung kognitiver Funktionen. Es sollte dabei festgestellt werden, dass der Konsument sich tatsächlich über Art und Ausmaß der schädlichen Folgen im Klaren war oder dass zumindest davon auszugehen ist. Ein eingeengtes Verhaltensmuster im Umgang mit psychotropen Substanzen wurde ebenfalls als charakteristisches Merkmal beschrieben (z.B. die Tendenz, alkoholische Getränke werktags in gleicher Weise zu konsumieren wie an Wochenenden, ungeachtet des gesellschaftlich üblichen Trinkverhaltens). Als wesentliches Charakteristikum des Abhängigkeitssyndroms gilt ein aktueller Konsum oder ein starker Wunsch nach der psychotropen Substanz. Der innere Zwang, Substanzen zu konsumieren, wird meist dann bewusst, wenn versucht wird, den Konsum zu beenden oder zu kontrollieren. Diese diagnostische Forderung schließt beispielsweise chirurgische Patient/innen aus, die Opiate zur Schmerzlinderung erhalten haben und die ein Opiatentzugssyndrom entwickeln, wenn diese Mittel abgesetzt werden, die aber selbst kein Verlangen nach weiterer Opiateinnahme haben. Das Abhängigkeitssyndrom kann sich auf einen einzelnen Stoff beziehen (beispielsweise Tabak oder Diazepam), auf eine Gruppe von Substanzen (wie z.B. Opiate), oder auch auf ein weiteres Spektrum unterschiedlicher Substanzen (wie z.B. bei jenen Personen, die eine Art Zwang erleben, regelmäßig jedes nur erreichbare Mittel zu sich zu nehmen und die qualvollen Gefühle, Unruhe und/oder körperliche Entzugserscheinungen bei Abstinenz entwickeln). Die Kategorie „F19.X Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen“ ist beim Konsum von zwei oder mehr psychotropen Substanzen zu verwenden, wenn nicht entschieden werden kann, welche Substanz die Störung ausgelöst hat. Diese Kategorie ist außerdem zu verwenden, wenn eine oder mehrere der konsumierten Substanzen nicht sicher zu identifizieren oder unbekannt sind, da viele Konsumenten oft selbst nicht genau wissen, was sie einnehmen.
Die folgenden 5. Stellen dienen der weiteren Unterteilung des Abhängigkeitssyndroms: 0 gegenwärtig abstinent 1 gegenwärtig abstinent, aber in beschützender Umgebung 2 gegenwärtige Teilnahme an einem ärztlich überwachten Ersatzdrogen- 1 gegenwärtig abstinent, aber in Behandlung mit aversiven oder hemmenden Medikamenten (z.B. Naloxon/Disulfiram). Hierunter fallen auch Behandlungen mit Anti-Craving-Substanzen wie z.B. Campral. 4 gegenwärtiger Substanzgebrauch (aktive Abhängigkeit) 5 ständiger Substanzgebrauch 6 episodischer Substanzgebrauch (z.B. Dipsomanie) Da im ICD-10 kein konkreter Zeitbezug für die Kodierung der 5. Stelle vorgegeben wird, lehnt man sich an den Kriterien des DSM-IV für eine Teilremission an. Dementsprechend wird der Zeitraum der letzten 4 Wochen vor Diagnosestellung als Bezugszeitraum gewählt. |
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